Die Bürgerbewegung Finanzwende rechnet vor, dass in den Jahren 2000 bis 2020 durch CumCum-Steuerbetrügereien dem Staat vorsichtig geschätzt 28,5 Milliarden Euro entgangen sind. Davon hat der Staat bislang lediglich 1% zurückgefordert. Der Rest wird wahrscheinlich verjähren, anders gesagt: Der Staat wird diese Beträge der Verbrechern einfach schenken.
Nähere Infos dazu siehe hier: https://www.finanzwende.de/kampagnen/cumcum-milliarden-zeit-ist-steuergeld/fragen-und-antworten-zur-kampagne
Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei im Zoll, sagt in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung:
„Es ist auffällig, dass im letzten Vierteljahrhundert die Politik zwar immer wieder in ihren Sonntagsreden über das Einziehen inkriminierter Vermögen gesprochen hat. Aber immer, wenn die Politik Geld braucht, war der erste Reflex, eine Steuererhöhung vorzuschlagen, anstatt zunächst den Kriminellen das Geld wegzunehmen. Wir reden hier über große dreistellige Milliardenbeträge. Da geht es einerseits um Vermögen, die durch Straftaten erlangt wurden, insbesondere im Bereich der Organisierten Kriminalität, und andererseits um viele Milliarden an Steuern, die nicht bezahlt werden, weil wir Steuerhinterziehungsdelikte nicht effektiv verfolgen.“ SPD-Mitglied Buckenhofer zieht das Fazit: „Der Ehrliche ist der Dumme.“
Das gesamte Interview finden Sie hier, leider hinter einer Paywall: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/steuererhoehungen-vermoegensabschoepfung-politik-fokus-li.3306355
Da muss man sich schon die Frage stellen dürfen: Warum soll man eigentlich noch SPD wählen? Oder steht SPD für „Steuerbetrüger-Partei Deutschlands“? Die SPD scheint jedenfalls zur reinen Wir-wollen-bloß-noch-irgendwie-an-der-Macht-bleiben-Partei geworden zu sein. Und dafür macht sie anscheinend alles mit, was der größere Koalitionspartner von ihr verlangt.
Oder sollte man eine neue Partei gründen? Eigentlich könnte jetzt ein guter Zeitpunkt sein, um eine neue Partei zu gründen: Die Rechtsextremen haben sich in der AfD versammelt. Putin-Freunde verteilen sich auf BSW, Linke und AfD. Solvente Eigenheimbesitzer, Erben und Fahrer monströser E-Autos wählen CDU, FDP oder Grüne.
Aber wen sollen Leute wählen, die zur Miete wohnen, deren Gehalt dem bundesdeutschen Durchschnittsverdienst einigermaßen nahe ist, die eigentlich auch ganz gern hier leben und die sich nur fragen, wovon sie nach der x-ten Mieterhöhung und der neuen Gasrechnung eigentlich noch leben sollen? Die SPD jedenfalls nicht, denn die kann Steuern offensichtlich nur bei den kleinen Leuten eintreiben, und dort, wo es wirklich etwas zu holen gäbe, da traut sich die SPD nicht ran.
Ich werde mal bei der Bürgerbewegung Finanzwende anfragen, ob die nicht zur Partei werden wollen. Ich wäre dann jedenfalls weg von der SPD. Auch wenn ich dann dort auf alte Bekannte treffen würde, zum Beispiel Norbert Walter-Borjans, ehemaliger NRW-Finanzminister und Co-Vorsitzender der SPD. Aber wenn so jemand jetzt Sprecher des Aufsichtsrates bei der Bürgerbewegung Finanzwende ist: Gibt es dann vielleicht doch noch Hoffnung für die SPD?
Abends entdecke ich, dass die taz in der Ausgabe von morgen das gleiche Thema aufgreift, und zwar in ihrer unendlichen Serie „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?“ Ich zitiere daraus eine Frage und eine Antwort:
taz: „Was sollten wir tun? Lieber fünf Milliarden einsparen im Bürgergeld oder x Milliarden einnehmen durch Erbschafts- und Vermögenssteuer sowie echte Maßnahmen gegen Steuerbetrug?“
Küppersbusch: „Rechnerisch keine Frage: Bei der Erbschaftssteuer wurde 2023 allein 26 „bedürftigen“ Großerben 2,1 Milliarden Euro erlassen. Da müsste man also gar nichts ändern, außer Milliardäre wie normale Menschen zu besteuern. Zudem hüpft der komplette Osten unter der Erbschaftsteuer durch, weil’s dort fast nichts zu erben gibt. Die Vermögenssteuer gibt’s – sie wurde 1997 ausgesetzt. Das Verfassungsgericht urteilte, Grundbesitz sei heillos unterbewertet. Das wurde durch die Neubemessung der Grundsteuer 2025 repariert, auch hier müsste also nur geltendes Recht vollstreckt werden. Das Volumen liegt bei 10 bis 20 (Verdi) beziehungsweise 30 (Oxfam) Milliarden Euro pro Jahr. Beim Steuerbetrug liegen die Schätzungen bei 100 Milliarden Euro, für die man in Finanzämter und Fahnder investieren müsste. Kurz: Hier geht’s nicht um lukrative Quellen für den Staat, sondern darum, Arme zu stigmatisieren. Wenn Gerechtigkeit als Linkspopulismus gescholten wird, hat der Rechtspopulismus gewonnen.“
Das ganze Interview finden Sie hier hier, sogar ohne Paywall: https://taz.de/wie-geht-es-uns-herr-kueppersbusch/!6109035
Das motiviert mich jedenfalls zu einem ersten Entwurf für das Parteiprogramm der noch zu gründenden Finanzwende-Partei.
Die Präambel könnte so lauten:
Geld wird mit Geld gemacht. Nicht mit Arbeit. So ist das heutzutage.
Deswegen müssen wir unser Steuersystem entsprechend anpassen.
Besteuert werden sollen alle Vorgänge, bei denen Geld mit Geld gemacht wird, denn sonderlich produktiv kann das nicht sein.
Steuerbefreit hingegen sollen alle Vorgänge rund um das Einnehmen und Ausgeben von Geld sein.
Konkret würde das bedeuten:
- Abschaffen der Mehrwertsteuer. Das ist von allen Steuerarten die ungerechteste, weil sie für Arm und Reich gleichermaßen gilt.
- Abschaffen der Einkommensteuer auf Arbeitseinkommen aus angestellter oder selbstständiger Arbeit.
- Einführen einer Finanztransaktionssteuer.
- Wieder Erheben einer Vermögenssteuer.
- Durchsetzen einer Law-and-Order-Politik im Bankenbereich.
- Und am wichtigsten: Investition von 1 Milliarde Euro in die Ausbildung von Steuerfahndern.
Zusammengefasst: Liebe Politiker:innen, holt euch die Steuern doch bitte dort, wo es wirklich etwas zu holen gibt, und nicht auch noch beim ärmsten Säugling, wenn dessen Mutter oder Vater für ihn Windeln einkaufen geht.